Emilene Wopana Mudimu ist in Köln groß geworden, lebt aber seit zwei Jahren in Aachen. Dort arbeitet sie nicht nur an der RWTH im Gender und Diversity Management. Sie betreibt dort mit ihrem Mann Sebastian das Jugendkulturprojekt „KingzCorner“. Als Anfang 2019 das „KingzCorner“ kurz vor dem Aus stand, haben sie und ihr Mann alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Projekt für Jugendliche ab 16 Jahren zu retten. Sechs Monate haben die Beiden gekämpft und alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt und dafür auf Vieles selbst verzichtet.

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In Aachen ist das „KingzCorner“ eine Institution. Das Jugendkulturprojekt hat einen Projektraum, ein Tonstudio und einen größeren Außenbereich für die Arbeit mit Jugendlichen. Dort lernen Jugendliche, viele von ihnen mit Flucht- oder Mirgrationsbiografie, wie man Musik macht oder Grafitti sprayt. Legal natürlich! Ein echtes Herzensprojekt, dass Sebastian, der Mann von Emilene Wopana Mudimu, 2012 ins Leben gerufen hat. Gerade Musik hilft den Jugendlichen, die ins „KingzCorner“ kommen dabei, ihre Erfahrungen zu verarbeiten und einen Ausdruck zu finden:

„Viele der Jugendlichen haben auch eine eigene Flucht- oder Migrationsgeschichte und fühlen sich eigentlich in dem Medium sehr wohl, um eigentlich auch das auszudrücken, wie sie Gesellschaft sehen oder von der Gesellschaft angenommen werden.“

Emilene Wopana Mudimu

Anfang 2019 steht das „KingzCorner“ plötzlich auf der Kippe. Bis dahin konnten Emilene Wopana Mudimu und ihr Mann Sebastian das Projekt autonom finanzieren. Das heißt Miete, Strom, Wasser und auch das Equipment, um die Musikprojekte durchzuführen, wurden aus eigener Tasche gestemmt oder mussten eben mit dem Projekt „KingzCorner“ verdient werden. Da ist die Arbeitszeit von Emilene Wopana Mudimu und ihrem Mann noch nicht mal mit eingerechnet. Denn die beiden machen das ehrenamtlich – von Montag bis Freitag, jeden Tag zwischen 10 und 18 Uhr.

Geld verdient das „KingzCorner“ zum Beispiel mit Workshops für Schulklassen. Das deckt aber nur maximal 30 Prozent der Kosten. Deshalb wurden die Räumlichkeiten am Wochenende zusätzlich für Kulturveranstaltungen wie Konzerte vermietet, oder auch für private Veranstaltungen. Damit konnte das „KingzCorner“ wesentlich größere Einnahmen erzielen, mit denen sich dann wieder die Jugendarbeit und die Location finanzieren ließen. Als Anfang Januar 2019 eine Verfügung erlassen wurde, dass im „KingzCorner“ keine öffentlichen Veranstaltungen mehr gemacht werden dürfen, ist klar: Nur mit Workshops ist das Kulturprojekt nicht zu finanzieren.

„Wir konnten von heute auf morgen keine Veranstaltungen machen, die das eigentlich alles am Laufen gehalten haben. Das war schon auch ne sehr schwere Zeit.“

Emilene Wopana Mudimu

Die Verfügung trifft aber nicht allein das „KingzCorner“, sondern auch andere Kultur- und Gaststätten in Aachen im innerstädtischen Bereich. Für Emilene Wopana Mudiumu und ihren Mann bedeutet das: Existenzkampf. Nicht nur, was das „KingzCorner“ angeht. Sondern auch ganz persönlich. Denn um das Projekt nicht aufgeben zu müssen, stemmen sie die Kosten alleine, unterstützt von einigen Spender:innen.

Sechs Monate lang kämpfen Emilene Wopana Mudimu und Sebastian nicht nur um das „KingzCorner“, sondern auch um die eigene Existenz. Denn die Jobs reichen zwar, um die eigenen Lebenshaltungskosten zu decken. Zusätzlich jetzt auch noch den Großteil der Kosten für das „KingzCorner“ tragen zu müssen, ist nicht nur finanziell ein riesiger Kraftakt. Auch emotional. Denn wie lange lässt sich das durchhalten? Wie kann das Projekt überleben?

„Unser größter Antrieb ist einfach, irgendwie auch einen Ort zu schaffen, wo wir so einen Beitrag dazu leisten können, dass wir gesellschaftlich wieder mehr miteinander machen und aufeinander achten. Und einen Raum und Ort schaffen, wo Menschen sich begegnen können.“

Emilene Wopana Mudimu

Es folgen zahllose Briefe, Mails und Gespräche mit den Verantwortlichen der Stadt, mit Politiker:innen und mit Menschen, die bereit sind, das „KingzCorner“ mit Spenden zu unterstützen bis eine Lösung gefunden ist. Dabei gibt es in Aachen einige Politiker:innen, die sehr engagiert und bürgernah sind – und damit ansprechbar für Emilene Wopana Mudimu und ihren Mann was die Belange des „KingzCorner“ angeht.

Besonders mit der SPD vor Ort gab es gute Kontakte. Die lädt das „KingzCorner“-Team zum Sommerfest ein, inklusive Auftritt einer Teilnehmerin des Kulturprojekts. Aber auch die Unabhängige Wähler*innen Gemeinschaft (UWG), Die Linke und die Grünen unterstützen das Projekt. Dabei ist das natürlich ein Spagat. Denn klar wissen Emilene Wopana Mudimu und ihr Mann das Engagement der Parteien zu schätzen, aber: Sie wollen unabhängig bleiben und sich auch nicht in ihre Arbeit reinreden lassen. Und es soll auch nicht darum gehen, Werbung für eine Partei zu machen. Das war beiden wichtig, und das haben sie auch deutlich kommuniziert. Also ja, klar, Dankbarkeit und auch benennen, von wo die Unterstützung kam, wenn es zum Beispiel Berichterstattung gibt. Aber es gibt keine Bringschuld immer wieder darauf hinweisen zu müssen.

„Zukünftig werden wir uns da jetzt auch nicht groß mit irgendeiner Partei verbünden.“

Emilene Wopana Mudimu

Nicht alle waren überzeugt davon, dass es Emilene Wopana Mudimu und ihrem Mann Sebastian gelingt, das „KingzCorner“ zu retten. Und nicht alle waren davon überzeugt, dass die beiden das Richtige tun. Auch, weil nicht nur die finanzielle, sondern auch die emotionale Belastung in der Zeit so groß war. Für beide ein Reifungsprozess, denn sie mussten in kurzer Zeit enorm viel dazu lernen und sich mit den Strukturen auseinandersetzen, in denen sie ihre Arbeit fortsetzen können und wollen. Es mussten Anträge geschrieben, Jugendförderpläne durchforstet und Formulare ausgefüllt werden. Zeit, die natürlich von der eigentlichen, praktischen Jugendarbeit abgeht – oder eben on top aufgewendet werden muss. Denn schließlich soll das „KingzCorner“ ja weiter laufen.

„Was man auch nochmal in so einer Nummer lernt: Zu differenzieren, wer einen wirklich unterstützt und wer hinter einem steht und dem Projekt.“

Emilene Wopana Mudimu

Seit ungefähr einem Monat kann das „KingzCorner“-Team aufatmen. Das Projekt ist gesichert, und wenn alles gut läuft und die Anträge durchkommen, gibt es nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern vielleicht sogar auch Geld für das Engagement von Emilene Wopana Mudimu und ihrem Mann Sebastian in Form von Stellen, die bezahlt werden. Das würde auch längerfristige Planungssicherheit bedeuten.

Entscheidung für soziale Arbeit

Dass sie ihr Weg in die soziale Arbeit oder Erziehungsarbeit führen wird, war für Emilene Wopana Mudimu schon früh klar. An der Uni kam dann eine weitere Komponente hinzu: Das politische Engagement. Und die Frage: Was und wie können wir die Gesellschaft verändern? Daran zu arbeiten und sich dafür einzusetzen – mittlerweile eine Selbstverständlichkeit für Emilene Wopana Mudimu, die an der Uni in Köln Erziehungswissenschaften und Sprachen und Kulturen Afrikas studiert hat.

„Ich denk mir immer: Wenn wir das nicht machen, oder wenn ich das nicht mache, dann gibt es weniger Menschen, die das machen. Denn es gibt ja schon relativ wenig Leute, die sich ehrenamtlich oder politisch engagieren im gesamtgesellschaftlichen Kontext.“

Emilene Wopana Mudimu

Was Emilene Wopana Mudimu da leistet, geht nach meinem Verständnis allerdings weit über das hinaus, was als selbstverständlich angenommen werden sollte. Ich persönlich kenne Existenzängste. Ziemlich gut. Und ich möchte nur sehr ungern wieder in diese Situation kommen. Und deshalb finde ich es extrem bemerkenswert, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse ihrem gesellschaftlichen Engagement untergeordnet hat. Aber natürlich nicht blindlings. Die Sicherheit eines festen Jobs ist eine Grundvoraussetzung, um ehrenamtlich tätig sein zu und das Risiko tragen zu können. Das allein wäre vielen von uns schon genug. Aber auch darüberhinaus arbeitet Emilene Wopana Mudimu wirklich unermüdlich und mit viel positiver Energie an gesellschaftlicher Veränderung.

Zum Beispiel indem sie Workshops zum Thema Rassismus und Diskriminierung gibt. Und natürlich bekommt sie inzwischen auch für dieses Engagement ein Honorar. Denn auch gesellschaftliches Engagement ist Arbeit und gehört bezahlt. Eine Grundvoraussetzung dafür, dass Zeit und Energie auch wieder ehrenamtlich in andere Projekte gesteckt werden kann. Eine Art Crossfinanzierung aus bezahlter Arbeit und ehrenamtlichem Engagement.

Spoken Word, Hair Politics und Ausländer Lesekreis

In ihrer politischen Arbeit hat Emilene Wopana Mudimu ein persönliches Spezialgebiet: Hairpolitics. Ein Themengebiet, das in Deutschland auch jetzt noch ziemlich unterrepräsentiert ist, obwohl es langsam mehr Aufmerksamkeit erhält. Angefangen hat ihr Engagement für Hairpolitics in einem AStA-Projekt an der Uni Köln, bei dem auch Kaleo Sansaa teilgenommen hat: Dem Ausländer Lesekreis. Eine latent ironische Bezeichnung, denn es gibt durchaus noch genügend Menschen, die Ausländer nur selten mit akademischer Bildung verbinden und nicht auf dem Schirm haben, dass nicht nur Deutsche oder Europäer Literatur und Wissen produzieren.

„Wir haben das Ausländer Lesekreis genannt, weil Ausländer immer noch so sehr negativ konnotiert ist. Auf der anderen Seite wollten wir auch die Ebene brechen, die ein akademischer Diskurs mit sich bringt.“

Emilene Wopana Mudimu

Denn auch an den Universitäten wurde das Thema Kolonialismus in Fächern wie Orientalismus oder Afrikanistik lange viel zu wenig mit aufgenommen. Aber der Diskurs sollte nicht nur an den Universitäten durchgeführt werden. Denn die Themen betreffen viele rassifizierte Menschen, sagt Emilene Wopana Mudimu, die eben nicht im akademischen Diskurs unterwegs sind, weil sie keinen Zugang haben. Und um nicht wieder eine Zugangshürde einzubauen, haben sie das Projekt eben Ausländer Lesekreis genannt – und nicht etwa Lesekreis für PoC oder BPoC (PoC = People of Colour, BPoC = Black People of Colour).

Vier Semester lang hat sich der Ausländer Lesekreis sehr regelmäßig getroffen. Es wurde ein Reader erstellt und jede Woche, später alle 14 Tage hat jemand einen Vortrag gehalten. Oder es wurden Referent:innen von anderen Universitäten eingeladen, Vorträge zu halten. Zu Themen wie Diskriminierung oder Widerstandsgeschichte zum Beispiel. Die Studierenden vernetzen sich – mit Gruppen aus Mainz, Frankfurt und Düsseldorf zum Beispiel. Und in diesem Rahmen entdeckt Emilene Wopana Mudimu das Thema Hairpolitics für sich.

Schon als Achtjährige trägt sie ihre Haare nie als Afro, sondern immer geglättet, zu Rastazöpfen geflochten oder mit eingeflochtenem Kunsthaar. Für alle Leser:innen ohne Erfahrung mit Afrokrause: Glätten lassen sich die Haare nur mit chemischen Relaxern. Produkte, die in ihrer Zusammensetzung ziemlich gefährlich sind und gesundheitsschädlich. Regelmäßig kommt es bei der Anwendung der chemischen Relaxer auf der Kopfhaut zu Verbrennungen höheren Grades. Alles nur, um glatte, „ordentliche“ Haare zu haben. Denn die Familie von Emilene Wopana Mudimu kommt in den 90er Jahren aus Kinshasa, Demokratische Republik Kongo, nach Deutschland. Afro-Shops, in denen spezielle, schonendere Pflegeprodukte erhältlich sind, wie es sie zum Beispiel in den USA längst gibt, waren in Deutschland kaum zu finden. Und so wurden die Relaxer quasi mit dem heimischen Chemiebaukasten zusammengebraut.

„Das alles nur, um schön zu sein. Oder auch um nicht zu sehr aufzufallen mit seiner Haarstruktur, mit seinem Afro, oder einfach auch um in einer Gesellschaft, wo schwarz sein schon sehr negativ behaftet ist, sich nochmal mehr anzupassen.“

Emilene Wopana Mudimu

Mit 19 Jahren hört Emilene Wopana Mudimu auf, ihre Haare ständig zu glätten. Nicht nur aus politischen Gründen. Sondern einfach auch, weil durch die Verbrennungen auf der Kopfhaut die Haare ausfallen. Denn durch das ständige, chemische Glätten hat die Kopfhaut kaum Gelegenheit, sich zu regenerieren. Es entstehen Krusten. Und natürlich ist das Ganze auch schmerzhaft. Aber lange hat Emilene Wopana Mudimu das eben nicht hinterfragt, weil sie so sozialisiert war, dass das nunmal dazugehört, wenn man dazugehören will.

Erst an der Uni, wo sie auf Menschen aus anderen Kontexten trifft, beginnt sie damit zu hinterfragen, was sie da eigentlich macht. Warum sie ihre Haare eigentlich glättet, statt sie zum Beispiel offen als Afro zu tragen. Dazu gehört auch die Frage, mit welchen Schönheitsidealen sie eigentlich aufgewachsen ist und woher die kommen.

„Ich hab dann aufgehört mit 19 meine Haare zu relaxen. Das war nicht so einfach, weil dann wird man einfach auch nochmal ganz anders wahrgenommen von der Umgebung.“

Emilene Wopana Mudimu

Die veränderte Wahrnehmung fällt ihr auch in der eigenen Community auf. Denn nicht nur sie selber, auch ihre Mutter und ihre Großmutter sind mit der Vorstellung sozialisiert worden, dass glattes Haar „ordentlicher“ sei. Damit zu brechen war damit tatsächlich eine widerständige Handlung, sagte Emilene Wopana Mudimu. Aber sie hat auch Verständnis dafür, dass sich ihre Eltern erst mal um Anpassung bemüht haben als sie nach Deutschland gekommen sind. Und da gehörten „glatte, ordentliche“ Haare zunächst dazu. Dass die Prozedur gesundheitsschädlich ist, ist aber nur ein Aspekt der Kritik. Es geht auch um das Bild, dass jungen Frauen vermittelt wird. Zum Beispiel mit dem Glauben daran, dass Schönsein mit Leid verbunden ist.

„Man nimmt sich selbst auch nochmal anders wahr. Man sieht anders aus. Man wird anders wahrgenommen vom Umfeld auch.“

Emilene Wopana Mudimu

Jetzt, 2019 – also sieben Jahre nachdem Emilene Wopana Mudimu aufgehört hat, ihre Haare zu relaxen – hat sich einiges verändert. Auch durch soziale Netzwerke wie Facebook oder instagram. Denn neben aller berechtigter Kritik an diesen Plattformen: Sie machen es leichter, sich zu vernetzen und Gleichgesinnte zu finden. Ohne diese Unterstützung ist es noch schwieriger gewesen zu entscheiden: Ich mach das jetzt. Und dabei eben auch mit einem entsprechenden Selbstbewusstsein diese Entscheidung nach außen zu tragen. Denn sie ist ja deutlich sichtbar.

„Das ist schon auch ein bisschen schwierig gewesen, einfach auch mit diesem Selbstbewusstsein zu sagen: Ich mach das jetzt! Ich fühl mich schön! Und mir ist das eigentlich grade auch egal, was andere Leute sagen.“

Emilene Wopana Mudimu

Im Unterschied zu damals sehen junge schwarze Menschen heute ganz andere Bilder. Zum Beispiel Serien, in denen Menschen mit Afrolocken auftreten. Instagram-Profile und Blogs die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen. Ganz langsam tritt eine Form von Normalisierung ein. Schwarze Menschen sind präsenter als noch vor acht oder neun Jahren, als Emilene Wopana Mudimu ihre Entscheidung getroffen hat, sich in Sachen Frisur eben nicht mehr an weiße Ideale anzupassen.

Nachhaltigkeit und Privilegien

Spannend ist in dem Zusammenhang auch, den Einfluss der Nachhaltigkeits- und Zerowastebewegung zu beobachten. Und ich schiebe es gleich vorweg: Auch da gibt es kritische Aspekte. Was mir persönlich an der Stelle aber auffällt ist, dass es statt starker Individualisierung, wie zum Beispiel im Shampoo-Regal der Drogeriemärkte, mehr darum geht, bestimmte Zutaten so individuell zusammenzustellen, dass sie auf verschiedene Haar- und Hauttypen passen. Die Zutaten sind mitunter aber eben dieselben. In meinen Augen bringt uns das wieder näher zusammen.

Was dabei aber auch eine Rolle spielt, sagt Emilene Wopana Mudimu: Gerade was Naturkosmetik oder Beautyprodukte aus natürlichen Ressourcen angeht wurden die schon immer genutzt. Was eine weiße Community gerade erst wiederentdeckt, ist in anderen Communities schon immer da gewesen.

„Es gibt zum Beispiel eine schwarze Seife, die schwarze Menschen schon ewig benutzen. Das ist nix Neues für mich. Es ist nur halt neu, dass das jetzt auch im Mainstream erhältlich ist und jeder sieht, dass das universal einsetzbar ist. Das gab’s halt schon immer.“

Emilene Wopana Mudimu

Das gleiche gilt für Vegetarismus. Emilene Wopana Mudimu ernährt sich seit einiger Zeit vegetarisch und sie kocht super gerne. Die kongolesische Küche, findet sie, eignet sich super für vegetarische Ernährung. Und zwar nicht erst, seit es irgendwie hip ist, sich vegetarisch zu ernähren.

Nachhaltigkeit ist also etwas, das diejenigen wieder entdecken, die vorher die Möglichkeit hatten, auch gedankenlos alles zu konsumieren, weil sie es sich eben leisten konnten. Während für andere Nachhaltigkeit eine Notwendigkeit war, um überhaupt existieren zu können, weil eben bestimmte Produkte entweder gar nicht zugänglich waren oder schlicht zu teuer. An der Stelle sprechen wir also auch über Privilegien für die wir lernen müssen, sensibel zu sein.

Und so kraftvoll die Fridays for Future Bewegung ist – auch in Aachen – sie ist eben auch sehr weiß, beobachtet Emiliene Wopana Mudimu. Und sie beobachtet bei den Jugendlichen, die sie im „KingzCorner“ begleitet, und die eben häufig eine Flucht- oder Migrationsbiografie haben: Die Themen der Fridays for Future Bewegung sind für die einfach weiter weg. Die haben auf einer persönlichen Ebene noch mit so viel existentielleren Problemen zu kämpfen, dass im Fokus der Bemühungen steht, überhaupt den eigenen Alltag bewältigen zu können. Es ist also auch ein Privileg, sich um größere Themen kümmern zu können. Denn das geht nur, wenn es eine solide, nicht bedrohte, persönliche Basis gibt.

„Da haben auch unsere Jugendlichen teilweise auch gemerkt so: Wir haben vielleicht einfach auch nochmal andere Struggles als diejenigen, die da an vordersten Front bei der Demo-Orga stehen.“

Emilene Wopana Mudimu

Und da sieht sich Emilene Wopana Mudiumu durchaus einem Dilemma gegenüber. Denn na klar sind das wichtige Themen. Niemand hat etwas dagegen, dass sich Menschen für Nachhaltigkeit und Umweltschutz einsetzen. Aber es ist eben auch so, dass viele rassifizierte Menschen da ausgeschlossen werden, weil die sich viel existentielleren Problemen gegenüber sehen. Jemandem, der oder die kaum Geld zur Verfügung hat, ist kaum vorzuwerfen, dass er oder sie Kleidung bei Primark kauft, um sich zum Beispiel damit auch klamottentechnisch zugehörig zu fühlen oder anpassen zu können, um eben dazu gehören zu können. Das ist an der Stelle ein Grundbedürfnis.

Stärke auf der Bühne

Neben all ihrem gesellschaftlichen Engagement steht Emilene Wopana Mudimu etwas mehr als einem Jahr als Spoken Word Artist auf der Bühne. Ihren allerersten Auftritt hatte sie bei der von Kaleo Sansaa organisierten Veranstaltungsreihe „Soul Trip Poetry“, bei der schwarze und of Colour Künstler:innen auftreten. In ihrem Text hat Emilene Wopana Mudimu ihre Fehlgeburtserfahrung verarbeitet. Aber es geht auch um Rassismuserfahrungen, Gemeinschaft, Freundschaft, Selbstliebe – und Stärke.

„Dadurch, dass man das nochmal mit einem breiteren Publikum, vielleicht auch mit anderen schwarzen Menschen, die genau dieselben Erfahrungen machen, teilt, ist es weniger Schmerz.“

Emilene Wopana Mudimu

Denn sie hat festgestellt, dass viele Menschen ihre negativen Erfahrungen mit sich selbst ausmachen. Das gilt für das gesellschaftliche Tabu-Thema Fehlgeburt, aber das gilt auch für Rassismuserfahrungen. In Form von Spoken Word oder Poetry können diese Erfahrungen verarbeitet und geteilt werden. In einer lyrischen Form. Das schafft Gemeinschaft und stärkt untereinander.

Auch für Emilene Wopana Mudimu ist es wichtig, dieses Ventil der Sprache zu haben. Denn als jemand, der sich sehr viel – und gerne – für andere einsetzt, ist das der Bereich, in dem sie etwas nur für sich macht. Also nicht für den Verein, nicht für die Arbeit oder als politisches Engagement.

Dass zum Beispiel bei Soul Trip Poetry nur schwarze Menschen auf der Bühne stehen, ist ein besonderes Zeichen. Dabei geht es nicht nur darum, schwarzen Menschen Sichtbarkeit zu verschaffen. Die Menschen, die auf der Bühne stehen, haben die Sprache und die Worte, um ihre Erfahrungen mitzuteilen.

„Sprache hat immer sehr viel mit Macht zu tun. Und viele schwarze Menschen bewegen sich einfach in dieser Gesellschaft in Bereichen, wo sie sehr oft mit Machtlosigkeit konfrontiert sind. Oder oft auch damit konfrontiert werden, dass andere für sie sprechen oder über sie gesprochen wird und selber gar nicht den Raum und die Möglichkeit haben.“

Emilene Wopana Mudimu

Eine schwarze Bühne, sagt Emilene Wopana Mudimu, bricht mit den Strukturen, die wir eigentlich immer so gewohnt sind in unserer Gesellschaft: „Das ist schon was sehr Machtvolles, das so zu gestalten.“ Und gleichzeitig ist es ein geschützter Raum. Denn dort können sich schwarze Menschen oder People of Colour mitteilen, ohne Angst vor einem Backlash haben zu müssen, also negativen Rückmeldungen.

Dass weiße Menschen dann im Publikum sitzen, findet Emilene Wopana Mudimu gut, denn das sind in der Regel Menschen, die sich bereits mit rassismuskritischem Denken auseinandersetzen. Und die können zu Allys werden, also Verbündeten. Trotzdem gibt es einen Unterschied zu einem rein schwarzen Publikum. Da entstehen einfach nochmal eine ganz andere Energie. Die Dynamiken sind anders, es wird viel mehr geklatscht, viel mehr geschnipst. Es gibt eine andere Anteilnahme, wenn sich Menschen widerspiegeln können. Und sie wählt ihre Texte entsprechend aus.

Wer mehr über Emilene Wopana Mudimu erfahren möchte, folgt ihr am besten auf instagram. Unter „Black_is_excellence“ lässt sie euch an ihren Gedanken teilhaben – und an ihrer positiven Energie. Unter „Wopana.Words“ gibt es mehr von ihr als Spoken Word Artist und Poetin.