Laura Geisen ist Softwareentwicklerin. Ein Job, in dem Frauen ziemlich unterrepräsentiert sind. Und das ist durchaus ein Problem. Denn Frauen bringen eine andere Perspektive aufs Leben mit, stehen vor anderen Problemen und finden deshalb bisweilen andere Lösungen. Oder kommen überhaupt erst darauf, dass es ein Problem gibt.

Ein Beispiel gefällig? Bis vor einem Jahr gab es in der Health-App von Apple zwar viele Funktionen, die den Körperzustand überwachen. Ein Menstruationstracker gehörte aber nicht dazu. Die Vermutung liegt nahe, dass diese App wohl ohne maßgebliche Beteiligung von Frauen entwickelt wurde.

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Laura Geisen hat eigentlich Mathematik studiert. Das ist nicht zwingend die Voraussetzung dafür, um später mal in die Informatik zu gehen, aber es hilft natürlich, grundsätzlich ein Faible für Zahlen und Logikketten zu haben. Sie findet sich in „fünf bis zehn“ Programmiersprachen ganz gut zurecht, sagt sie. Beruflich programmiert sie vor allem in Java. Das ist auch die Sprache, die sie am flüssigsten von allen beherrscht.

„Wenn man grundsätzlich programmieren kann, dann findet man sich überall relativ schnell erstmal zurecht. Wenn man dann eine Sprache meistern will, das kostet Zeit und Muße.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Für alle, die es ein bisschen genauer wissen wollen: Wir sprechen auch über Java Script. Java Script und Java sind aber zwei unterschiedliche Programmiersprachen auch wenn sie ähnlich heißen. JavaScript ist eine Skriptsprache, die für Webbrowser entwickelt wurde, um Nutzerinteraktionen zu definieren. Oder ganz einfach gesprochen: Damit kann man bestimmen, was passiert, wenn ein:e Nutzer:in auf eine Schaltfläche klickt. Inzwischen kann man mit dieser Skriptsprache aber noch viel mehr machen. Auch App-Anwendungen wie etwa Slack werden zum Beispiel mit JavaScript programmiert. Mit Java schreibt man vor allem heutzutage eher Programme die auf Servern im Internet laufen und mit denen dann beispielsweise euer Webbrowser redet, die aber unabhängig von eurem Computer sind.

Das soll es aber auch schon gewesen sein mit dem Nerdtalk. Denn es geht vor allem darum, warum Laura Geisen heute als Softwareentwicklerin arbeitet und wie sie da hin gekommen ist. Denn der Job ist immer noch eine Männerdomäne.

Eine günstige Voraussetzung war sicher, dass Laura Geisen schon als Kind einfach Spaß an Mathematik hatte. Von klein auf begeistert sie sich zum Beispiel für Logik-Rätsel oder fragt ihren Vater nach Mathe-Aufgaben. Der ist nämlich selbst auch Informatiker.

„Ich hab schon immer Mathe geil gefunden.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

In den Schulferien besucht Laura Geisen Mathekurse, in denen immer auch ein bisschen programmiert wird. Spannend ist, dass in diesen Kursen nach ihren Schätzungen mindestens ein Drittel Mädchen dabei waren, vielleicht sogar etwas mehr. Selbst in ihrem Mathe-Studium später waren zu Beginn noch ein Drittel junge Frauen dabei. Aber in der Arbeitswelt spiegelt sich das oft nicht wieder. Zumindest dann nicht, wenn es um Programmieren und Informatik geht. Fächer, die durchaus auch mit dem Mathestudium korrespondieren. Aber eigentlich hat sich Laura Geisen vor allem für Mathematik interessiert. Und obwohl sie inzwischen gar nicht mehr so viel mit Mathematik zu tun hat: Diese Begeisterung ist geblieben.

„Es gibt nichts Schöneres, Eleganteres und auch Ästhetischeres für mich als einen toll geführten mathematischen Beweis.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Programmieren bedeutet für Laura Geisen nicht einfach, Sätze in eine Tastatur hauen, die kein Mensch lesen kann. Programmieren ist eine Form, Probleme zu lösen. Dazu gehört zunächst die Problemanalyse also herauszufinden, welcher Natur ein Problem eigentlich ist, was sein Kern ist. Und dann geht es an die strukturelle Lösung dieses Problems, also den besten Weg dahin. Im Prinzip das, was Mathematik auch macht. Mathematik ist ein Weg, die Welt zu beschreiben. Zum Beispiel, indem wir unser Navigationsgerät berechnen lassen, wie lang eine Strecke von A nach B ist, zum beispiel mit Hilfe einer Karte. Unser Navigationsgerät kann aber natürlich noch viel mehr, als einfach Meter und Kilometer addieren. Es sagt uns auch, wie lange wir zum Beispiel zu welcher Uhrzeit mit welchem Fortbewegungsmittel für diese Strecke brauchen. Dafür müssen enorm viele Daten miteinander kombiniert werden. Und da kommt Programmierung ins Spiel. Denn im Prinzip überlegt sich Laura Geisen: Wenn ein Anwender die Frage stellt „Wie lange brauche ich von Bahnhof x zu Bahnhof y mit dem Zug“, dann muss sie überlegen, wie eine Maschine diese Aufgabe lösen kann. Das beginnt zum Beispiel damit zu überlegen, welche Eingabe-Felder benötigt werden, um mit der Maschine zu kommunizieren. Dazu wäre es für Nutzer:innen hilfreich, irgendwo auf einem Bildschirm die Felder „Startpunkt“ und Zielpunkt“ ausfüllen zu können. Diese Felder müssen dann mit Hilfe von Code so definiert werden, dass die Maschine weiß: Aha, hier wurde der Startpunkt eingegeben und hier der Zielpunkt. Und ihr zum Beispiel zu sagen, unter welchen Koordinaten sie diese beiden Punkte auf einer Karte finden kann. Und dann geht das halt Schritt für Schritt und Frage für Frage weiter.

Für Laura Geisen ist das Schöne am Programmieren auch, dass sie mit dem Code, den sie eingibt, bestimmen kann, was eine Maschine – oder eben ein Computer – macht. Das ist eine Form von Macht, aber auch ein bisschen magisch. Und wenn man mit dieser Form von Macht und Magie am Ende Probleme für Menschen lösen kann, dann ist das einfach auch erfüllend.

Ehrlich gesagt: Ich teile die Begeisterung von Laura Geisen für Zahlen und auch für das Programmieren. Also, ich kann das durchaus nachvollziehen, was die Softwareentwicklerin daran begeistert. Nur hat meine Begeisterung nie dazu geführt, dass ich mich noch intensiver damit auseinander gesetzt habe. Mir hat es immer gereicht, ganz grundsätzlich zu verstehen, wie das funktioniert. Danach hat mich der Ehrgeiz verlassen.

Vom Glück von Vorurteilen verschont zu bleiben

Was Laura Geisen selbst nie erfahren hat: Dass ihr gespiegelt wurde, dass ihre Begeisterung für Mathe und Informatik ungewöhnlich sei „für ein Mädchen“. Weder hat ihr ihre Mutter vorgelebt, was für ein Mädchen oder eine Frau „normal“ sein soll und was nicht, noch hat ihr Vater ihre Begeisterung für Mathe seltsam gefunden. Der ist nämlich selber Mathematiker, Informatiker und Softwareentwickler und hat großen Spaß daran, dass seine Tochter die Begeisterung teilt. Und in der Schule fällt Laura Geisen Mathe so leicht, dass es einfach keinen Anlass gibt zu behaupten, Mädchen könnten das nicht.

„Ich halte das wirklich für ausschließlich Glück, dass ich nie damit konfrontiert wurde.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Die einzigen Widerstände, sagt Laura Geisen, waren die in ihr drin. Also die Frage danach, ob sie gut genug ist für das, was sie gerne machen möchte. Zweifel, die wir irgendwie alle haben hier und da. Aber ansonsten hat sie selber selten erlebt, dass ihr irgendjemand sagt, dass sie etwas nicht können soll aufgrund ihres Geschlechts. Auch aus diesem Grund hat sie lange nicht verstanden, was zum Beispiel eine Frauenquote bringen soll. Denn offensichtlich ist es ja möglich auch ohne so eine Quote einen Job in dieser Männerdomäne zu bekommen. Also wo ist das Problem?

Heute denkt sie da anders drüber. Denn sie selbst hat sich zwar in dieser Männerdomäne problemlos etabliert – aber irgendwann fragt auch sie sich, warum das nicht mehr Frauen gelingt. Weil ihr das selber aber lange gar nicht so aufgefallen ist, versteht sie auch Männer, die das Problem nicht wahrnehmen.

Sie erzählt von ihrem ersten Jobvertrag und wie die Personalentwicklerin sie zur Seite nimmt, um sie zu fragen, ob es ein Problem sei, die einzige – und erste – Frau in diesem Team bei dem Unternehmen zu sein. Laura Geisen fand die Frage seltsam. Denn sie hatte gar nicht erwartet, dass es anders sein würde. Dass sie die einzige oder eine von wenigen Frauen war, das war bis dahin einfach normal. Egal ob im Freundeskreis, bei ihrem Job in der Veranstaltungstechnik oder auch später an der Uni. Laura Geisen war in aller Regel umgeben von Männern.

„Ich spiel am liebsten Brettspiele und ich hab irgendwie schon immer programmiert und interessier mich für Technikzeug, und dann hat man halt auch mehrheitlich Jungs im Freundeskreis.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Das Spannende daran ist: Laura Geisen hat im Prinzip gar keine Lust darauf, Menschen in bestimmte Schubladen zu packen. Also diese typischen „Frauen sind so und Männer sind so“-Zuschreibungen zu machen. Aber – und da spricht die Mathematikerin – es gibt einfach statistisch signifikante Unterschiede im Verhalten von Männern und Frauen. Was an sich noch nichts darüber aussagt, worauf die sich begründen. Also ob die genetisch sind oder doch anerzogen. Aber diese Unterschiede sind real existent und statistisch messbar. Einiges davon könnte sicher mit einem vielfältigeren Bild auf das soziale Geschlecht ausgeglichen werden. Zum Beispiel, wenn auch Männer die Chance haben, die Empathischen zu sein, ohne dafür von der Gesellschaft als schwach oder unmännlich wahrgenommen zu werden. Oder eben Frauen die logischen, ohne dass ihnen dadurch das Frausein abgesprochen wird.

„Mit diesen statistischen Ungleichheiten bewusst umzugehen, und trotzdem mich nicht dieser Zuschreibung schuldig zu machen, das hat mich lange davon abgehalten.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

In Diskussionen nicht unterbuttern lassen

Einen Grund, warum sie es auch in einer Männerdomäne immer eher leicht hatte, sieht Laura Geisen darin, dass sie Eigenschaften hat, die eher Männern zugeschrieben werden. Zum Beispiel vertritt sie ihren Standpunkt extrem vehement, wenn sie sich ihrer Sache sicher ist.

„Ich hab auch so negative Züge. Zum Beispiel ich unterbreche Leute, bin total ungeduldig, werde immer lauter und so … Das nicht so zu machen, macht es Frauen oft schwer in männerdominierten Diskussionen. Und das ist zum Beispiel was, das ich nie erlebt hab.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Dass andere Frauen das nicht so machen, war dann eher deren Problem. Für Laura Geisen war es schwer zu verstehen, warum sie sich mit diesen Frauen solidarisieren soll. Und warum die das nicht auch so machen, oder warum sie das eben auch nicht können. Und damit das nicht so klingt, als hätte Laura Geisen das Problem exklusiv: Ich weiß genau, was sie meint. Es ging mir lange, lange Jahre genauso. Und es gibt auch immer noch Frauen, die ähnlich argumentieren, wenn es zum Beispiel um die Frauenquote geht.

„Warum will man da hin gewählt werden, wenn man da nur hingewählt wird, weil man eine Frau ist? Wie unangenehm auf einem Quotenplatz zu sitzen.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Dass Laura Geisen ihre Meinung über die Frauenquote geändert hat, liegt vor allem an ihrem Ehrenamt in einem Verband, der schon lange auf Frauenförderung setzt. Dort werden zum Beispiel Gremien paritätisch besetzt. Also 50:50. Das fand Laura Geisen zu Beginn ein wenig albern. Denn einen Posten oder Sitz zu bekommen, nur des Geschlechts wegen, das kam ihr seltsam vor. Und darüber spricht sie auch ganz offen.

„Ne Quote oder eine Quotierung ist halt eine Krücke. Aber vielleicht laufen wir dann lieber ein paar Jahre mit Krücke und brauchen sie danach nicht mehr als den Rest unseres Lebens zu humpeln.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Nach vielen Diskussionen und Überlegungen macht es klick. Heute findet sie, dass es diese Krücke einfach braucht – zumindest vorübergehend – um Veränderungen einzuleiten. Und dass eine Quote deshalb ein legitimes Mittel ist. Denn sie trifft auch Frauen, die sagen: Wenn es die Quote nicht gegeben hätte, wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich auf diese oder jene Position zu bewerben.

Die Sache mit den Vorbildern

Ein häufiges Argument, warum Frauen sich so selten in Männerdomänen vorwagen, und dann dort auch erfolgreich sind, ist: Es fehlt an Vorbildern. Frauen, wie Schwester Mary K. Keller, eine katholische Ordensschwester, die in den 60ern an der Entwicklung der Programmiersprache BASIC mitgearbeitet hat und als wahrscheinlich erste Frau in den USA einen Doktor in Informatik gemacht hat, findet man eigentlich nur durch Zufall. Aber kennen? Eher nicht. Mir persönlich haben diese weiblichen Vorbilder gefehlt. Laura Geisen sagt, sie tut sich schwer mit diesen Vorbildern. Sie hat nie welche gebraucht und eifert auch keinen nach.

Und trotzdem wird ihr auch hier immer klarer, dass es dabei um Sichtbarkeit geht. Nicht zuletzt durch eine Kollegin im Unternehmen, die sich um die Außendarstellung kümmert. Die sagt ihr, dass sie gerne mehr Diversität im Unternehmen zeigen würde, aber wenn die beiden Entwicklerinnen, die das Unternehmen hat, immer beide nicht mit auf diese Fotos wollen würden, hätte sie einfach kein Material.

„Das hat mich wirklich zum Nachdenken gebracht. Und seitdem empfinde ich da total viel Verantwortung, mich selber sichtbarer zu machen in diesem Beruf. In erster Linie tatsächlich, damit Mädels auf die Idee kommen, das könnte auch was für sie sein.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Es geht aber nicht nur darum, mehr Frauen in die Teams zu holen. Es geht grundsätzlich darum, Teams diverser zusammenzusetzen. Denn Menschen mit unterschiedlichen Biografien, Lebens- und Welterfahrungen erzielen tatsächlich und wissenschaftlich nachgewiesen bessere Ergebnisse. Es ist also einfach wirtschaftlich nicht besonders klug, aussschließlich weiße Cis-Männer in einem Team zu haben.

Ein weiterer wichtiger Grund dafür, dass endlich mehr Frauen diesen Beruf für sich entdecken und vermehrt in diesem Bereich Fuß fassen: Programmierer:innen und Software-Entwickler:innen lösen Probleme. Zum Beispiel in der Mensch-Maschine-Interaktion. Probleme in einer Welt, die zur Hälfte aus Frauen besteht. Wenn die ihre Probleme und auch Problemlösungskompetenzen aber im digitalen Bereich nicht mit einbringen, weil sie dort einfach nicht sind, werden bestimmte Probleme im Zweifel zum Einen nicht gesehen und dann eben erst recht nicht gelöst.

Und sie fließen auch nicht als Datensätze in die Programme mit ein. Denn es ist schon lange nicht mehr so, dass alles von Hand programmiert wird. Computer haben längst nicht mehr nur eine neutrale, numerische Funktion. Inzwischen treffen wir sogenannte datenunterstützte Entscheidungen. Was das konkret heißt, kann man an einigen Fällen in der jüngeren Vergangenheit ganz gut sehen. Zum Beispiel daran, dass ein Computerprogramm Bewerber:innen für ein Unternehmen danach sortiert, wie gut ihre Karrierechancen in dem Unternehmen sind. Da in den Führungspositionen vor allem Männer saßen, wurden Bewerbungen von Frauen von vornherein aussortiert. Den Personalentscheidern wurden also nur noch Bewerbungen von Männern vorgelegt. Das Problem war hier nicht der Algorithmus, sondern die Daten auf deren Basis das Programm seine Berechnungen angestellt hatte.

„Dann gibt es so Sachen wie: 10 Jahre, nachdem das erste iPhone rausgekommen ist, sind sie dann auf die Idee gekommen, da mal einen Menstruationstracker einzubauen.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Jetzt kann man geteilter Meinung darüber sein, ob Apple wirklich diese Daten haben sollte – oder irgendein anderes Unternehmen. Aber wenn Frauen nicht an der Entwicklung beteiligt sind, macht sich auch niemand wirklich Gedanken darüber, was diese Daten preisgeben könnten. Auch deshalb braucht es an dieser Stelle unbedingt Frauen in der Entwicklung von Software, mit deren Hilfe wir zum Beispiel Gesundheitsdaten auswerten können. Denn die sind ohne Frage wichtig. Die sind aber auch ohne Frage schützenswert. Überlassen wir diese Entwicklungen Unternehmen, werden die diese Daten auch nutzen. Und auch das kann sehr unangenehme Folgen haben.

Zudem gibt es gerade in der Softwareentwicklung einen unglaublichen Fachkräftemangel. Das heißt, mehr Frauen einzustellen würde noch nicht mal heißen, dass damit einem Mann zum Beispiel ein Arbeitsplatz streitig gemacht würde. Im Gegenteil. Unternehmen suchen händeringend und bieten dafür auch oft gute Arbeitsbedingungen. Im Unternehmen von Laura Geisen dürfen zum Beispiel keine Überstunden genommen werden, das heißt, es wird darauf geachtet, dass die Freizeit der Mitarbeitenden nicht zu kurz kommt. Elternzeit auch für Männer wird anerkannt, es gibt Kinderbetreuung in den Ferien. Das Gehalt wird transparent berechnet und bei gleicher Erfahrung und Rolle wird geschlechtsunabhängig gleich viel bezahlt, ohne dass das Gehalt noch extra verhandelt werden muss.

Trotzdem gibt es – je nach Statistik – aktuell in Unternehmen nur einen Anteil von 15 bis 20 Prozent Frauen in der IT. Im Unternehmen von Laura Geisen sind es nur sechs Prozent. Das habe sie, sagt sie, nochmal richtig „radikalisiert“ in den letzten ein bis zwei Jahren. Ihr Ziel sei nämlich nicht, die brachenüblichen 20 Prozent zu erreichen, sondern 50.

Programmieren ist Teamwork

Zu guter Letzt will Laura Geisen auf jeden Fall noch mit einem weiteren Klischee aufräumen: Wer bei Programmieren an Menschen denkt, die in irgendwelchen dunklen Kellern bei Neonlicht alleine vor dem Rechner hängen, sollte dieses Bild ganz schnell entstauben. Denn Programmieren ist inzwischen vor allem Teamwork. Im Fall von Laura Geisen heißt das, zwei oder drei Entwickler:innen schließen einen Rechner an einen großen Fernsehbildschirm an, und dann unterhält man sich über jede Zeile Code. Dass sie alleine vor sich hin programmiert ist eher selten. Programmieren ist Teamwork.

„Was man sich so klassisch darunter vorstellt, ist genau nicht mein Arbeitsalltag wahrscheinlich.“

Laura Geisen, Softwareentwicklerin

Die Rollen werden in Driver und Navigator unterteilt: Wer an der Tastatur sitzt, der fährt – und die anderen machen sich Gedanken darüber, wo es lang gehen könnte, und wie man da hin kommt. Die Begriffe dazu sind pair programming oder mob programming. Das ist auch der Grund, warum es in der Firma von Laura Geisen kein Homeoffice gibt. Damit Menschen sich begegnen und gemeinsam Software-Lösungen entwickeln. Und gerade in einem Umfeld, das auf kollaboratives Programmieren setzt, sind auch kommunikative Fähigkeiten sehr gefragt. Also das, was dem Klischee nach Frauen richtig gut können.

Diese Arbeitsweise ist zwar noch nicht Standard in IT-Unternehmen, aber sie wird immer beliebter. Und wer doch lieber alleine im Homeoffice vor sich hin programmieren möchte, findet auch das natürlich weiterhin.

Im Verlauf des Podcasts sprechen wir übrigens auch über Lauras Podcast „Wollkanal“ und was Backrezepte, Stricken und Strickmuster mit Programmierung und Algorithmen zu tun haben.